messung

IGF-AIF 20732 BR


Abstract

Smarte Bekleidung kann mehr als modisch und funktional kleiden. Immer öfter leuchtet, wärmt und kommuniziert sie mit mobilen Endgeräten. Dazu enthalten die textilen Strukturen Schaltungsträger auf Basis leitfähiger Fadenmaterialien. An den Kreuzungspunkten der leitfähigen Garne entstehen dabei häufig unzuverlässige elektrische Kontakte, die nicht den technischen Ansprüchen genügen.

Versuche mit cyanidhaltigen Silberelektrolyten zur nachträglichen Metallabscheidung an den Kontaktstellen in textilen Strukturen haben in der Vergangenheit nicht zum Erfolg geführt. Unter anderem schloss sich bisher die erforderliche intensive Reinigung aus wirtschaftlichen, gesundheitlichen und Gründen des Umweltschutzes aus. Mit cyanidfreien Silberbädern ist nun die selektive Metallisierung zur galvanischen Kontaktierung in textilen Schaltungsträgern systematisch untersucht worden.

Smart clothing can do more than dress fashionably and functionally. More and more often it shines, warms and communicates with mobile devices. For this purpose textile structures contain circuit carriers based on conductive thread materials. At the crossing points of the conductive yarns, unreliable electrical contacts often occur that do not meet the technical requirements.

Attempts with cyanide-containing silver electrolytes for subsequent metal deposition at the contact points in textile structures have not been successful in the past. Among other things, the necessary intensive cleaning has so far been ruled out for economic, health and environmental reasons. With cyanide-free silver baths, the selective metallization for galvanic contacting in textile circuit carriers has now been systematically investigated.

Aufgabenstellung
Für textile Schaltungsträger kommen leitfähige Garne zum Einsatz, um leitfähige Strukturen textiltechnologisch zu erzeugen. Die dafür notwendige Verschaltung ist z. B. webtechnisch möglich, liefert jedoch an den Webbindungspunkten der leitfähigen Garne keine zuverlässigen Kontaktstellen, da lediglich ein kraftschlüssiger Oberflächenkontakt (vgl. Abb. 1) und kein stoffschlüssiger Kontakt wie etwa beim Löten entsteht: Die Kontaktstellen sind anfällig für Biegewechselbelastungen.

Ziel des Projektes sind zuverlässigere Smart Textiles mit besserer Kontaktierung an Fadenkreuzungen. Schadstoffreduzierte Elektrolyte sollen eingesetzt werden, um leitfähiges Material in textilen Flächen nachträglich galvanisch zu metallisieren. Zuverlässigere Kontaktstellen innerhalb von gewebten oder gestrickten Schaltungsträgern werden durch galvanische Kontaktierung und die Erhöhung der Leitfähigkeit der Leiterbahnen angestrebt.

Lösungsweg
Im Projekt wurden ein cyanidfreier Galvanikprozess für partiell leitfähige textile Flächen, geeignete Vor- und Nachbehandlungsschritte sowie anwendungsnahe Zuverlässigkeitsuntersuchungen entwickelt. Da neuartige, cyanidfreie Elektrolyte in eigenen Vorversuchen vielversprechende Ergebnisse lieferten, wird es möglich, partiell leitfähige textile Strukturen schadstoffarm zu galvanisieren und gleichzeitig Faden-Faden-Kontaktpunkte stoffschlüssig zu kontaktieren (vgl. Abb. 2).

Die neuartigen, cyanidfreien Elektrolyte sind zwar in der Beschaffung etwa 50 Prozent preisintensiver als vergleichbare cyanidische Elektrolyte, können aber aufgrund ihrer Oxidationsstabilität länger im Prozess verwendet werden und unterliegen keinem Qualitätsverlust bei Nutzungspausen.
Für den Galvanikprozess sind optimale Parameter zu ermitteln und anschließend die Zuverlässigkeit der Kontaktierung bei Belastungen wie Knicken, Biegen, Scheuern, Feuchtigkeit zu untersuchen (vgl. Abb. 3) und mit der textilen Verschaltung zu vergleichen.
Dafür sind gewebte Teststrukturen sowie eine Vorbehandlung für die elektrisch leitfähigen Gewebe zu entwickeln. Im Anschluss an den Galvanikprozess wird die zur Entfernung von Elektrolytrückständen notwendige Nachbehandlung untersucht. Abschließend werden Konzepte für die Übertragung der Technologie auf Maschenware sowie zur industriellen Umsetzung erarbeitet.

Abb. 1: Mikroskopische Aufnahme eines gewebten Schaltungsträgers
Abb. 1: Mikroskopische Aufnahme eines gewebten Schaltungsträgers Abb. 2: REM-Querschnitt einer gewebten Kontaktstelle nach galvanischer Metallisierung Abb. 2: REM-Querschnitt einer gewebten Kontaktstelle nach galvanischer Metallisierung Abb 3: Dynamischer Zugversuch mit WiderstandsüberwachungAbb 3: Dynamischer Zugversuch mit Widerstandsüberwachung

Ergebnis und Anwendungen
Im Vorhaben entstand eine Fertigungstechnologie, bei der chemisch vormetallisierte Garne mit Silberauflagen von < 0,5 µm textiltechnologisch ohne deutlichen Silberabrieb eingearbeitet werden. Erst die leitfähige Textilstruktur wird galvanisch verstärkt. Sie liefert hochwertigere textile elektronische Schaltungen als bei direkter Verarbeitung von hochleitfähigem ELITEX®. Fadenwiderstände < 20 Ω/m bei Feinheiten < 235 dtex ermöglichen Induktionsspulen für drahtloses Laden von Handys, smarter Bekleidung und Elektrofahrzeugen.

Die Kontamination nicht leitfähiger Textilbereiche schloss diese Technologie bisher aus. Das Forschungsvorhaben ebnet nun den Weg für diese effiziente Technologie mit den bei der Untersuchung cyanidfreier Elektrolyte erzielten Ergebnissen. Fadenwiderstände < 5 Ω/m und eine Feinheit < 235 dtex erlauben es erstmals, leistungselektronische Komponenten in Textilien zu integrieren. Elektrische Kontakte in Textilien sind durch Nachgalvanisieren mit einer marktüblichen Stückgutgalvanik realisierbar.
Die Widerstände der nachträglich galvanisch verstärkten Garne entsprechen denen von Drähten und Litzen, die textiltechnologisch nur schwer verarbeitbar sind. Verstärkt man die mit chemisch vormetallisierten Precursor-Garnen erzeugten leitfähigen Textilstrukturen mit höheren Auflagen, entstehen leichte, stabile, textilverstärkte Metall-Composite. Das Nachgalvanisieren elektronischer Textilien mit und ohne aufgesetzte elektronische Bauelemente sowie das Erzeugen textilverstärkter Metall-Composite wird mit Galvanikfirmen, Webern und Wirkern für Anwender umgesetzt.
Die entwickelte Textilgalvanik verbessert die Qualität textiler Leiterplatten und Heizungen durch zuverlässigere Kontakte. Potenzielle Profiteure sind im Markt der smarten Textilien tätige KMU sowie KMU, die sich in der Galvanik neue Anwendungsfelder erschließen. Anwendungsgebiete bestehen in den Gebieten Automobil, Schutzkleidung, Smart Home oder Heiztextilen. Das Verfahren ist bedenkenlos auf Bekleidung sowie den Sport- und Freizeitbereich anwendbar. Die cyanidfreie Textilgalvanik erlaubt es, Produkte an jeder Stelle der Wertschöpfungskette hochleitfähig zu strukturieren. Es wird möglich, körpernahe Produkte erst im konfektionierten Zustand zu galvanisieren. Auch lassen sich defekte Kontaktstellen reparieren: Kleine Brüche oder fehlende Faden-Faden-Kontakte innerhalb eines Leuchttextils mit gewebter Verschaltung lassen sich nachträglich galvanisieren. Nicht zuletzt verbessert der Einsatz cyanidfreier Elektrolyte die Umweltverträglichkeit der Galvanisierung.


Der Schlussbericht zum Projekt wird auf Anfrage von der Forschungsstelle zur Verfügung gestellt.


Ansprechpartner

Dipl.-Ing. (FH) Julia Ullrich
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