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Greiz/Düsseldorf, 8. November 2021. Das Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e. V. (TITV Greiz) stellt auf der COMPAMED 2021 die vielseitigen Möglichkeiten smarter Textilien für den Einsatz in Medizin, Wellness sowie anderen körpernahen Anwendungen vor. Interessierte Besucher erhalten in Halle 13, Stand D59.6 (am IVAM-Gemeinschaftsstand) Einblicke in die Entwicklung und Fertigung von Produkten und Komponenten. Im Rahmen des COMPAMED HIGH-TECH FORUM 2021 by IVAM erläutert zudem Pulkit Mishra, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am TITV Greiz, am Mittwoch, den 17.11. um 13.40 Uhr in seinem Fachvortrag „Textile Based Electrodes and their Application in Medical Devices“ die vielfältigen Möglichkeiten textiler Elektroden für die Medizintechnik.

Mit Elektronik versehene Textilien bieten für körpernahe Anwendungen viele Vorteile im Vergleich zu herkömmlicher Medizinelektronik: Sie sind flexibel, atmungsaktiv und komfortabel und lassen sich zudem mit verschiedenen Eigenschaften versehen – von flammhemmend über wasserabweisend bis hin zu antimikrobiell. Neben Komponenten für textile Sensoren, Textilelektroden, Heizungen und andere Funktionalisierungen stellt das TITV Greiz zur COMPAMED 2021 in Düsseldorf beispielhaft einige Entwicklungen des Hauses vor: einen Therapiehandschuh für Schlaganfallpatienten, ein Rückenband zur medikamentenfreien Schmerzbehandlung, ein Vitalparametershirt für Sportler sowie eine umweltfreundliche antimikrobielle Textilfarbe.

Therapiehandschuh für Schlaganfallpatienten

Abbildung 1: tipstim® Therapiehandschuh für Schlaganfallpatienten Abbildung 1: tipstim® Therapiehandschuh für Schlaganfallpatienten
Quelle: BOSANA Medizintechnik GmbH

Der Therapiehandschuh ermöglicht eine eigenständige und unkomplizierte Behandlung von Schlaganfallpatienten. Denn hier hat sich die somatosensible repetitive Stimulation (SRS) als eine effiziente Behandlungsmethode erwiesen. Das Prinzip besteht darin, die Finger über Elektroden mit zeitlichen Reizmustern zu stimulieren, die für die Auslösung von Gehirnplastizität optimiert sind. Bisher müssen Klebeelektroden durch medizinisches Fachpersonal aufwändig und kompliziert an den Fingern positioniert werden.

Bei der Entwicklung des TITV Greiz sind gestickte textile Elektroden in einen Handschuh eingearbeitet. Die Integration der für die Anregung der Nerven notwendigen Elektroden in den Handschuh erlaubt eine einfache, durch den Schlaganfallpatienten selbst durchzuführende anatomiegerechte Positionierung. Die gestickten Einzelelektroden sind in den Fingern des Handschuhs textil verschaltbar angeordnet. Durch die textilen Eigenschaften legen sie sich optimal an die Fingeroberfläche an und garantieren dadurch eine hohe Funktionalität und ein einfaches Handling.
Entwickelt wurde der Therapiehandschuh für das Neural Plasticity Lab am Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum, die Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH Bochum, Abt. für Neurologische Traumatologie und Neurorehabilitation, und die Haynl Elektronik GmbH.

Medikamentenfreie Behandlung von Rückenschmerzen

Abbildung 2: bomedus® Rückenband für medikamentenfreie Schmerzbehandlung Abbildung 2: bomedus® Rückenband für medikamentenfreie Schmerzbehandlung
Quelle: Bomedus GmbH

Bequem und leicht anwendbar ist das bomedus® Rückenband für die medikamen­tenfreie Behandlung von Rückenschmerzen. Basis ist die von der Fa. Bomedus GmbH, Bonn, neu entwickelte Therapieform, bei der gezielt die Endigungen der Schmerzfasern stimuliert werden. Der große Vorteil dieser Therapie ist, dass die Schmerzbehandlung von jedem Patienten selbst durchgeführt werden kann.

Kernstück des Rückenbandes sind punktförmige textile Elektroden. Diese werden mit leitfähigem Garn direkt auf das Rückenband gestickt. Die dreidimensionale Struktur wird durch das mehrma­lige Überlagern der leitfähigen ELITEX®-Fäden erreicht. Die Wirkung des Systems beruht auf der spezifischen Anordnung der textilen Elektroden und des Stimulationsmusters. Damit werden schon mit sehr niedrigen Impulsintensitäten sehr hohe lokale Impulsdichten direkt in der obersten Hautschicht erzielt. Dort enden die dünnen Nervenfasern, die sogenannten Small Fibers, die für den Körper schädigende Reize detektieren und die Informationen darüber zum Gehirn weiterleiten. Hier werden diese Informationen zu einer Schmerzwahrnehmung umgewandelt. Um chronische Schmerzen zu reduzieren, müssen gezielt diese dünnen Nervenfasern aktiviert werden. Der Small Fiber Activator ist das Steuergerät für die Elektroden. Es überträgt das klinisch getestete Therapiemuster, indem elektrische Impulse mit einer Vibration kombiniert werden. Dadurch wird die Überaktivität der Schmerzfasern, die chronischen Schmerzen zu Grunde liegt, reduziert. Die Schmerzwahrnehmung kann sich somit wieder normalisieren. Die notwendigen dreidimensionalen Strukturen werden durch das mehrmalige Überlagern von leitfähigem Fadenmaterial ELITEX® erreicht.

Vitalparameter-Shirt für clevere Sportler

Abbildung 3: Vitalparametershirt Abbildung 3: Vitalparametershirt
Quelle: KARL MAYER Holding GmbH & Co. KG

Die für die Erfassung von Vitalparametern erforderlichen Sensoren wurden in das Textil integriert und leiten ihr aufgenommenes Signal über einen isolierten Leiter zur Verarbeitung in eine abnehmbare Elektronikeinheit weiter. Die Ergebnisse können per Bluetooth® auf mobilen Endgeräten abgerufen werden. Das Shirt entstand in Zusammenarbeit mit dem Textilmaschinenhersteller Karl Mayer.

 

 

 

 

 

 

Umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenkliche antimikrobielle Textilien

Abbildung 4: Quantifizierung der Phototoxizität des funktionalisierten Gewebes gegen E.coli im Vergleich zu einem unbehandelten Gewebe Abbildung 4: Quantifizierung der Phototoxizität des funktionalisierten Gewebes gegen E.coli im Vergleich zu einem unbehandelten Gewebe
Quelle: Humboldt-Universität zu Berlin
Abbildung 5: Veranschaulichung der Phototoxizität mit dem gelben Luftkeim M.luteus auf einem unbehandelten und einem funktionalisierten Gewebe mit und ohne Bestrahlung (11 mW/cm²) Abbildung 5: Veranschaulichung der Phototoxizität mit dem gelben Luftkeim M.luteus auf einem unbehandelten und einem funktionalisierten Gewebe mit und ohne Bestrahlung (11 mW/cm²)
Quelle: Humboldt-Universität zu Berlin

Textile Bekleidungen bieten aufgrund ihrer Oberflächenstruktur einen idealen Nährboden für die mikrobielle Keimbildung. Daher werden Textilien für den medizinischen oder technischen Bereich mit Fungiziden oder Bakteriziden ausgerüstet.

Bisherige Verfahren erzeugen eine hohe Umweltbelastung und sind gesundheitlich bedenklich. Eine Alternative zu diesen bisher üblichen antimikrobiellen Ausrüstungen stellt die Nutzung der photodynamischen Inaktivierung (PDI) von Bakterien dar. Der physikalische Mechanismus beruht auf der Wirkung von Licht im sichtbaren Spektrum auf einen als Photosensibilisator wirkenden Farbstoff unter Anwesenheit von Sauerstoff und der daraus folgenden Generierung von Singulettsauerstoff.

Durch die Funktionalisierung von textilen Flächengebilden mit speziellen Farbstoffen wird es möglich, unter Belichtung hochreaktiven Singulettsauerstoff zu erzeugen.

Singulettsauerstoff (1O2)
■    wirkt hoch effizient gegen Bakterien, Schimmelpilze, Algen
■    und ist dabei völlig schadstofffrei und ohne Umweltbelastung
■    sowie ohne Ausbildung von Resistenzen z. B. gegen Antibiotika.

Die Erzeugung von Singulettsauerstoff ist die effizienteste und schonendste antimikrobielle Ausrüstung, die auch gegen Viren und multiresistente Keime aktiv ist. Die Funktionalisierung des textilen Trägermaterials erfolgt mit verschiedenen konventionellen Textilveredlungsverfahren. Zur Färbung kann beispielsweise eine Imprägnierung im Foulardverfahren durchgeführt werden. Dafür wird der spezielle Farbstoff (Photosensibilisator) in einem Bindersystem mit weiteren Textilhilfsmitteln gelöst und mittels Färbefoulard auf das Trägermaterial aufgebracht. Zur Verbesserung der Gebrauchsechtheiten wird überschüssiger, unfixierter Farbstoff in einem kontinuierlichen Waschprozess entfernt. Mit diesem Färbeverfahren ist es erstmals möglich, funktionelle Farb­stoffe, die bei Tageslicht ausreichend Singulettsauerstoff für eine antimikrobielle Wirkung erzeugen, an das textile Trägermaterial permanent anzubinden.

Abbildung 6: Fertigung eines Textils zur PDI am Spann-Trocken- und Fixierrahmen des TITV Greiz Abbildung 6: Fertigung eines Textils zur PDI am Spann-Trocken- und Fixierrahmen des TITV Greiz
Quelle: TITV Greiz
Abbildung 7: Funktionsmuster eines PES-Gewebes zur PDI Abbildung 7: Funktionsmuster eines PES-Gewebes zur PDI
Quelle: TITV Greiz

 

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